Jagdschüler, lest die Signale!

Jagdliches Brauchtum: Revierjagdmeister Sascha Klären (l.) zeigt Mathias Otto, welche Bruchzeichen damals und zum Teil noch heute verwendet werden. Foto: Jan Steinfurth

Artikel in der Ostsee-Zeitung (24. April 2019)

In der Jagdschule Insel Rügen in Kasnevitz lernt OZ-Reporter Mathias Otto während eines Halbjahreskurses, wie sich Jäger früher verständigt haben – mit sogenannten Bruchzeichen. Heute werden diese meist durch Handys ersetzt.

Welche Bedeutung haben Jagdsignale? Warum ist die Waidmannssprache so wichtig? Warum stecken sich Jäger nach einem erfolgreichen Tag Zweige an die rechte Hutseite? Wer seinen Jagdschein ablegen will, muss sich mit den Sitten und Gebräuchen auskennen. OZ-Reporter Mathias Otto besucht den Halbjahreskurs in der Jagdschule Insel Rügen in Kasnevitz und berichtet in diesem Teil über die jagdliche Praxis.

„Bereiche des jagdlichen Brauchtums gehen zurück auf die handwerklichen Zunftbräuche. Dazu gehören unter anderem Bruchzeichen, also abgebrochene grüne Zweige. Sie dienten damals der gegenseitigen Verständigung“, klärt Revierjagdmeister Sascha Klären auf. Als es noch keine Handys zum Benachrichtigen gab, mussten sich die Jäger anders über den aktuellen Stand informieren.

Sie legten beispielsweise zwei armlange Zweige gekreuzt auf den Boden ab und benachrichtigten somit die anderen Jäger, dass sie an diesem Ort warten sollen. Andere sogenannte Brüche markierten für Schweißhundeführer, in welche Richtung ein verwundetes Wildtier geflüchtet ist. Oder sie warnten Jäger vor Gefahren. Wenn etwa eine Sprosse am Hochsitz angebrochen war, zeigten die Vorgänger diese Stelle mit einem Warnbruch an.

„Dieser ist heute allerdings veraltet. Aufgrund der Unfallverhütungsvorschrift müssen schadhafte Jagdeinrichtungen sofort repariert oder aber auch unbenutzbar gemacht werden“, sagt Sascha Klären. Deshalb hat er, wenn er mit seinem Lada ins Revier fährt, immer Werkzeug im Kofferraum. Ein Brauch, der heute auch noch üblich ist, nennt sich Schützen- oder Erlegerbruch. Ein 15 bis 20 Zentimeter langer Zweig mit Schweiß, also Blut des erlegten Wildtieres, wird vom Jagdherrn an den erfolgreichsten Jäger überreicht. Dieser steckt sich den an die rechte Hutseite. „Mit diesem Bruch bekommen auch die Jagdhunde Anerkennung. Ein Teil vom Schützenbruch wird dem beteiligten Hund in die Halsungsschnalle angesteckt“, so Sascha Klären.

Immer wieder sind auf der Insel Rügen Jagdhornbläser im Einsatz, etwa als im Herbst im Rahmen der Nachhaltigkeitswoche 1500 Linden bei Sehlen gepflanzt wurden. Der Brauch der Jagdsignale wird aber nicht nur auf Veranstaltungen, sondern auch heute noch bei verschiedenen Jagdarten verwendet.

„Das heißt, Jäger müssen beispielsweise bei Gesellschaftsjagden anhand der Jagdhornsignale erkennen können, ob beispielsweise eine Jagd beginnt, beendet wird oder sich die Schützen sammeln sollen. Allerdings werden heutzutage auch Handys eingesetzt, um Schützen und Treiber während der Jagd zu informieren“, sagt der Revierjagdmeister.

Jäger sollen sich aber nicht nur mit den Signalen auskennen, wenn sie durch das Revier ziehen, sondern auch mit ihrer unmittelbaren Umgebung. Das heißt, dass sie wissen müssen, wie die Bäume, Büsche und Gräser heißen und welche Bedeutung sie für das Wild haben. „Dies kann neben den Fährten und Spuren ein Indiz dafür sein, welches Wildtier sich im Revier aufhält.

Und das Wissen über die Fauna kann entscheidend sein, Wild, das sich auf dem Rückzug befindet, wieder hier anzusiedeln“, sagt Sascha Klären. Etwa die Hege von Niederwild. Dazu gehören unter anderem die Vögel. „Jäger ergreifen viele Maßnahmen und wenden auch finanzielle Mittel auf, damit sich das Niederwild dauerhaft in einem Gebiet wieder ansiedelt. Von diesen Hegemaßnahmen profitiert auch eine Vielzahl von Tierarten, die nicht dem Jagdrecht unterliegen“, so Klären. Er nennt dabei das Beispiel der Feldlerche. Seit knapp zwei Jahrzehnten ist mehr als jede vierte Feldlerche aus dem Brutbestand in Deutschland verschwunden. Diese Vogelart benötigt zum Brüten nicht dauerhaft bewirtschaftete Flächen. „Jäger legen beispielsweise solche Flächen an, um auch solchen Tierarten lebenserhaltende Maßnahmen zu bieten“, sagt er.

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