Artikel in der Ostsee-Zeitung (13. März)
In der Jagdschule Insel Rügen in Kasnevitz lernt OZ-Reporter Mathias Otto während eines Halbjahreskurses, welche Funktionen diese Ansitze haben.
Nach der Theorie folgt die Praxis. Viele Dinge, die den Schülern der Jagdschule Insel Rügen in Kasnevitz im Unterricht beigebracht wird, lernen sie nun in der Natur hautnah kennen. Gemeinsam wurden Hochsitze ins Jagdrevier gefahren und dort aufgestellt. OZ-Reporter Mathias Otto war dabei und berichtet über den Alltag als Jagdschüler.
Revierjagdmeister Sascha Klären schildert, warum Hochsitze überhaupt eingesetzt und wie die einzelnen Kanzeln gesichert werden müssen, welche Stellen sich besonders gut zum Aufstellen eignen und warum sie sogar mit Teppichen ausgestattet sind. „Dies lässt sich einfach erklären. Teppiche sorgen für einen gewissen Schallschutz. Betritt jemand die Kanzel mit festem Schuhwerk, können durch das Bewegen zu laute Geräusche entstehen, die das Wild mitunter vergrämen kann“, sagt der Fachmann. Besonders beim Beobachten der einzelnen Tierarten – bei Jägern heißt es Ansprechen – kann dies entscheidend sein. „Wer sich, und zwar nicht nur auf den Hochsitzen, zu laut im Jagdrevier bewegt, wird kaum eine Chance haben, Wild zu beobachten“, sagt er. Allein das laute Knallen einer Autotür am Rande des Reviers könne die Tiere verschrecken.
Es gibt ganz unterschiedliche Erhöhungen, die man auch im Revier von Sascha Klären beobachten kann. Da gibt es etwa offene Kanzeln, die oft bei guten Wetter oder bei Drückjagden zum Einsatz kommen. Der Vorteil hier: Aufgrund ihres geringen Gewichtes können sie relativ schnell im Jagdrevier versetzt werden. Am häufigsten kommt bei Sascha Klären allerdings die geschlossene Kanzel aus Holz mit einem regendichten Dach mit kleinen Fensteröffnungen und einer Tür vor. „Da wir als Jäger hier komplett geschützt vom Wetter sind, können wir auch mehrere Stunden in winterlicher Kälte verbringen“, sagt er. Aufgestellt werden sie unter anderem aus Sicherheitsgründen, weil man von hier einen sicheren Kugelfang hat. Denn wie wir im theoretischen Teil gelernt haben: Der Kugelfang für das den Wildkörper durchschlagende Geschoss ist stets der sichere Erdboden. Eine geschlossene Kanzel hat aber nicht nur Vorteile: Durch diese Bauweise können Geräusche von außen schlechter wahrgenommen werden, als würde man sich im Freien befinden.
Los ging der Praxis-Tag auf dem Hof der Jagdschule in Kasnevitz. Die Hochsitze und Kanzeln mussten die Männer nicht bauen – dies haben die Schüler vom Vorgängerkurs erledigt. Bei einem Pott Kaffee wurde entschieden: Ein Trupp fährt die jagdlichen Einrichtungen zum Revier nach Lancken-Granitz. Hier befinden sich auf einer Fläche von knapp 90 Hektar bereits fünf Kanzeln, zehn Drückjagdböcke und zwei Erdsitze, berichtet ein Jungjäger aus Greifswald.
Er ist die helfende Hand im Revier und kennt sich hier bestens aus. Besonders freut er sich über eine sogenannte Schlafkanzel, die am Rande eines Feldes aufgestellt wurde. Die ist fast doppelt so groß wie eine herkömmliche Kanzel. „Hier kann ich jetzt bei nächtlichen Einsätzen ein paar Stunden ruhen, bevor ich wieder zurückfahre. Vorher bin ich mitten in der Nacht wieder zurück nach Greifswald gefahren. Das war mitunter anstrengend“, sagt er.
Mit ihm steuerten die anderen Jagdschüler diese Hochsitze und Kanzeln an, die bereits seit einigen Monaten auf einem Feld stehen – mit Blick zum Waldrand. Da nur zwei Personen gleichzeitig in die Kanzel passen, wurde auch hier aufgeteilt. Zwei Männer haben die Teppiche zurechtgeschnitten und mithilfe eines Tackers an den Holzwänden befestigt. Die anderen Arbeitskräfte bauten zwischenzeitlich eine Sitzbank.
Der erste Praxis-Tag ist geschafft. Aber bald geht es wieder raus in die Natur. Als Jäger müssen wir auch wissen, wie wir das Niederwild hegen können. Also für sie Gebiete schaffen, um etwa Besätze von Rebhuhn und Feldhase zu stabilisieren und auch wieder zu erhöhen. Wir begehen dann gemeinsam ein Revier auf der Insel Rügen und entwickeln Ideen, wie Struktur und Lebensraumangebot verbessert werden kann.